123 Invest Gruppe: Kommentar

Nach Jah­ren der ul­tra­lo­cke­ren Geld­po­li­tik ist ein Ende in Sicht

Mit sei­nem Be­schluss, den wei­te­ren Zu­kauf von Staats­an­lei­hen zu dros­seln und En­de 2018 ganz auf­zu­hö­ren (falls nicht noch et­was da­zwi­schen­kommt – diese Hintertür hält sich der der EZB-Rat weiter offen), hat Mario Draghi auf seiner gestrigen Sitzung nun schein­bar den Aus­stieg an­ge­kün­digt. Doch die Zinsen sollen vorerst niedrig bleiben. Al­ler­höchs­tens ganz zum Schluss von seiner acht­jäh­ri­ger Amts­zeit ist denk­bar, dass der Ein­la­ge­zins aus dem Ne­ga­tiv­be­reich ange­ho­ben wird. Und selbst das hängt da­von ab, ob sich die Kon­junk­tur hält.

Noch bis einschließlich September soll das aktuelle Anleihenkaufprogramm, bei dem die EZB jeden Monat für 30 Milliarden Euro Staatsleihen ankauft, weiterlaufen. Jedoch ist die europäische Zentralbank inzwischen schon sehr nahe an dem von ihr eigens gesetzten maximalen Anleiheankaufvolumens  angekommen. So will die EZB maximal ein Drittel aller Staatsanleihen eines Landes halten, um ein nicht zu dominanter Gläubiger derer zu werden. Nach Schätzungen scheint die EZB bereits rund 30 Prozent der deutschen Staatsanleihen inne zu haben, bei französischen, spanischen und italienischen Anleihen wohl 25 Prozent. Gestern wurde auf der EZB-Ratssitzung verkündet, dass die EZB noch bis zum Ende des Jahres monatlich für 15 Milliarden Euro Käufe tätigen wird, das Ankaufprogramm danach aber auslaufen lässt, zumindest insoweit, dass nur noch Refinanzierungen von auslaufenden Papieren stattfinden sollen. Wer jetzt jedoch denkt, das Auslaufen der Anleihenkäufe würde mit einer zeitnahen Zinserhöhung im Euroraum einhergehen, scheint für viele Experten auf dem Holzweg. Trotz leichter Inflation scheinen Zinserhöhungen für den Euroraum verfrüht, so würde sich auch für Sparer bei Tages- und Festgeldzinsen bis auf weiteres nichts ändern.

Wir halten dies für nicht ganz ungefährlich, sind aber froh, wenn auch aus unserer Sicht unerklärlich spät, dass ein wich­ti­ger Schritt in Rich­tung ei­ner Nor­ma­li­sie­rung der Geld­po­li­tik stattgefunden hat. Denn soll­te es in den nächs­ten Jah­ren zu ei­ner ech­ten Kon­junk­tur­kri­se kom­men, könnte es insgesamt düster aussehen. Die Zen­tral­bank hät­te kaum Spiel­raum zu lo­ckern, weil die Zin­sen schon auf ex­trem nied­ri­gem Ni­veau lie­gen.

Die deutschen Märkte reagierten auf die gestrigen Bekanntmachungen erfreut. Der Deutsche Aktienindex stieg deutlich über 13.000 Punkte. Die Händler hatten zwar eine Verringerung der Käufe erwartet, aber überwiegend nicht an ein Enddatum geglaubt. Weiterer wesentlicher Faktor dürfte allerdings auch der Eurowechselkurs sein. Am Nachmittag rutschte der Kurs um über zwei Cent ab und erreichte bei 1,1619 US-Dollar den tiefsten Stand seit Ende Mai. Selbstverständlich begünstigt dies kurzfristig die deutschen Export-Unternehmen.

In Europa scheint eine gewisse politische Unsicherheit und Instabilität an der Tagesordnung angekommen zu sein. Doch wir meinen nicht in erster Linie den scheinbar eskalierenden Streit der Schwesterparteien CDU/CSU bezüglich der Flüchtlingspolitik in den letzten Tagen. Mit der aktuell wieder aufflammenden politischen Unsicherheit in Europa ist die noch immer schwierige Regierungsbildung in Italien gemeint. Zwar bahnt sich jetzt nach langer Zeit endlich eine Lösung an, doch die neue Regierung scheint keine „Traumehe“ zu werden, zu unterschiedlich sind die Standpunkte zur Zukunft Europas; Krisenmodus und Unruhen vorprogrammiert. Die zuletzt unterdurchschnittlich schwach abschneidenden Aktienmärkte in Europa bestätigen diese Aussage. Weiter führen die italienischen Sorgen zu volatilen Rentenmärkten – sogar untertägig teilweise bis zu 17 % und sorgen daher einerseits für Fingerkauen bei langfristigen Investoren und andererseits Freude bei kurzfristigen Händlern in diesen „Gewässern“.

Doch ist es bleibt eine europäische Unsicherheit, die ernst zu nehmen ist. Italienische Staatspapiere sind aktuell erheblich schwankungsintensiver wie beispielsweise der DAX und volatile Finanzmärkte sind meist ein Zeichen für stärkere Unsicherheit. Dies ist kurzfristig sicherlich wieder in den Griff zu bekommen, aber langfristig kein gutes Zeichen für Italien.

Die Amerikaner hingegen verfolgen eine ganz andere Politik. Wenn auch hierzulande oft kritisiert, verharrt Donald Trump nicht in seinen politischen Herausforderungen und seinem globalen Dilemma. Stattdessen setzt er nahezu täglich neue – wenn auch fraglich kommunizierte – Impulse. Davon sind viele Investoren begeistert. Allen voran präsentieren sich daher zuletzt die amerikanischen Aktientitel als robust und das trotz der jüngsten Zinserhöhung von 0,25 Prozent am Mittwoch.

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Monatsbericht Juni 2018

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